69. Internationale Kurzfilmtage Oberhausen, 26. April – 1. Mai 2023
Die Preisträger des Internationalen Wettbewerbs
Preisverleihung: Montag, 1. Mai 2023, 19:30 Uhr, Lichtburg Filmpalast, Elsässer Str. 26, 46045 Oberhausen
Druckfähige Stills aus preisgekrönten Filmen stehen ab Dienstag, 2. Mai hier in der Sektion Downloads bereit: www.kurzfilmtage.de/de/presse/
Preise der Internationalen Jury
Mitglieder:
Elene Abashidze (Georgien), Guilherme Blanc (Portugal), Steven Cairns (UK), Alexandra Gulea (Deutschland/Rumänien), Mats Stjernsted (Schweden)
Großer Preis der Stadt Oberhausen
dotiert mit 8.000 Euro
Chornobyl 22
Oleksiy Radynski
Ukraine 2023, 20', Farbe
Begründung:
Chornobyl 22 ist ein wichtiger Film, da er die lokalen und globalen Probleme in der Region Tschernobyl dokumentiert. Die Jury würdigt Oleksiy Radynskis Fähigkeit, Spannungen in der Nacherzählung der russischen Invasion zu erzeugen und gleichzeitig eine Brücke zwischen der Geschichte und der möglichen Zukunft zu schlagen, ohne dabei zu ästhetisieren. Die ehrlichen und offenen Interviews machen den Film zu einem wichtigen Werk für die Gegenwart, aber auch für künftige Generationen, die darauf zurückblicken können. Er ist kommunikativ und prägnant und hat die Möglichkeit, ein breites Publikum in unterschiedlichen Kontexten und Situationen zu erreichen.
Hauptpreis
dotiert mit 4.000 Euro
Camino de lava
(Roads of Lava)
Gretel Marín Palacio
Kuba 2022, 27'48", Farbe
Begründung:
In Camino de lava würdigt die Jury die Sensibilität der Filmemacherin Gretel Marín Palacio bei der Darstellung der Hauptfigur des Films und deren liebevoller Beziehung zu den Eltern. Die Dialoge des Films greifen wichtige Themen auf, die mit Botschaften der Stärke aus queeren und feministischen Perspektiven verarbeitet werden. Die symbolische Darstellung von Innen- und Außenräumen und die Vorstellung vom Zuhause als einem sicheren Ort und einem Ort möglichen strukturellen Wandels sind sehr überzeugend. Die Kämpfe, die die Eltern dem Kind vermitteln, sind intim, machen aber auch auf soziale Ungerechtigkeiten und Rassismus in Kuba und in anderen globalen Kontexten aufmerksam.
Förderpreis des Internationalen Wettbewerbs
dotiert mit 1.500 Euro
Xiuhtecuhtli
Colectivo Los Ingrávidos
Mexiko 2023, 15'49", Farbe / schwarzweiß
Begründung:
Die Jury würdigt die künstlerische und handwerkliche Leistung, mit der Film bei der Herstellung von Xiuhtecuhtli eingebunden wird. Die Komplexität des Filmschnitts und des Tons waren eine enorme Leistung, die uns mit der vom Colectivo Los Ingrávidos erforschten indigenen Kultur verbindet. Das Stück ist intensiv und tiefgründig und bricht mit der Geschichte des Experimentalfilms, um andere Film-Ontologien vorzuschlagen.
European Film Awards Short Film Candidate
I think of silence when I think of you
Jonelle Twum
Schweden 2022, 9', Farbe
Begründung:
Mit der Nominierung von I Think of silence when I think of you für den Europäischen Filmpreis würdigt die Jury die Bedeutung von Jonelle Twums Praxis, persönliche Geschichten und Archive mit Hilfe des bewegten Bildes zu erforschen, und dessen Möglichkeit, sowohl als Instrument der Selbstdarstellung zu dienen als auch Geschichten greifbar zu machen, die im Zusammenhang mit ghanaischen Migrationserfahrungen in Schweden und Europa wenig bekannt sind. Die feministische Perspektive des Films verleiht dem Schwerpunkt der Arbeit eine Stimme und erforscht gleichzeitig auf anschauliche Weise die Bedeutung des Schweigens.
Lobende Erwähnungen
Saya di Sini, Kau di Sana (a Tale of the Crocodile’s Twin)
(I’m Here, You’re There (a Tale of the Crocodile’s Twin)
Taufiqurrahman Kifu
Indonesien 2022, 18'26", Farbe
Begründung:
I'm Here, You're There (a tale of the Crocodile's Twin) bringt mündliche Überlieferung und Traditionen in die Gegenwart, mit einem Bewusstsein für prekäre ökologische Situation von heute. Der Film blickt auf das Lokale, um auf unbeschwerte, aber ernsthafte Weise über globale Probleme zu sprechen.
Nameless Syndrome
Jeamin Cha
Südkorea 2022, 24', Farbe
Begründung:
Jeamin Cha hat einen sensiblen und respektvollen Essay über Krankheit entwickelt, der sich dem Thema auf bewegende und liebevolle Weise nähert. Die Art und Weise, wie theoretische Zitate in den Film integriert werden, ist scharfsinnig und ästhetisch überzeugend und trägt zum Wert des Films bei.
Medic
(A Medic)
Alizhan Nasirov
Kirgisistan 2023, 24', Farbe
Begründung:
Medic ist ein meisterhaft gemachtes Porträt mit außergewöhnlicher Kameraarbeit. Die Jury war beeindruckt von der Fähigkeit des Filmemachers, uns die Person des Sanitäters vor dem Hintergrund der im Film gezeigten weiten Landschaften nahe zu bringen.
Erster Preis der Jury des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen
dotiert mit 5.000 Euro
Mitglieder:
Bernd Brehmer (Deutschland), Soso Dumbadze (Georgien), Angelika Lepper (Deutschland), Ruth Schiffer (Deutschland), Ulrike Sprenger (Deutschland)
Untitled
Sweatmother
UK 2022, 8'45", Farbe
Begründung:
Eine Person vor einer Anordnung alter Video-Apparaturen. Wir verfolgen ein Zwiegespräch mit einem Avatar stereotyper Weiblichkeit. Sweatmother begegnet Zuschreibungen geschlechtlicher Identität persönlich biografisch und poetisch. Wir zeichnen einen Film aus, der mit minimalistischen Mitteln die Fragen nach Identität maximal öffnet.
Zweiter Preis der Jury des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen
dotiert mit 3.000 Euro
Xiuhtecuhtli
Colectivo Los Ingrávidos
Mexiko 2023, 15'49", Farbe / schwarzweiß
Begründung:
Hypnotische Verschränkung von Ton- und Bildrhythmus. Belebung des Kinos zum bewusstseinserweiternden Raum. Film als kollektiver, ritueller Flash.
Lobende Erwähnung
Lopte
(Balls)
Gorana Jovanović
Serbien/Slowenien 2022, 22'30", Farbe
Begründung:
Wie geht eine Gesellschaft damit um, wenn Krieg und entfesselte Gewalt die friedliche Koexistenz zwischen Nachbarn zerstört haben? Am Beispiel des Fußballs erforscht Lopte von Gorana Jovanović mit dokumentarischen Mitteln so nüchtern wie präzise den schmalen Grat zwischen spielerischer Auseinandersetzung und eskalierender Gewalt.
Preis der Internationalen Filmkritik (FIPRESCI-Preis)
Mitglieder der Jury:
Elaine Guerini (Brasilien), C.J. Johnson (Australien), Hannes Wesselkämper (Deutschland)
2720
Basil da Cunha
Portugal/Schweiz 2023 29'44", Farbe
Begründung:
Für das durch die Schönheit und Poesie meisterlicher Erzählkunst geschaffene außergewöhnlich lebenssprühende Porträt einer Gemeinschaft.
Preis der Ökumenischen Jury
dotiert mit 1.500 Euro
Mitglieder:
Christian Gürtler (Deutschland), Polina Kundirenko (Ukraine), Christian Murer (Schweiz)
Let’s be friends
Arno Coenen, Rodger Werkhoven
Niederlande 2022, 5'26", Farbe
Begründung:
In diesem Jahr hat die Ökumenische Jury beschlossen, den Mut und den Beitrag zur Entwicklung eines zukünftigen Weges für die gesamte Filmindustrie zu würdigen. Unser Gewinnerfilm beeindruckte alle Teammitglieder durch ein relevantes Thema, meta-ironische Herangehensweise, Integrität und Vollständigkeit der Themenoffenbarung. Den Filmemachern ist es auf experimentelle und doch überzeugende Weise gelungen, eine Aussage zu treffen und gleichzeitig einen eindrucksvollen visuellen Stil zu etablieren. Wir schätzen die mutige Geste und den wichtigen Beitrag zur Diskussion über moderne Technologien (KI), die unseren Alltag immer mehr beeinflussen und uns gelegentlich ein Gefühl der Ohnmacht vermitteln.
Lobende Erwähnung
Every Sunday, GrandMa
Laure Prouvost
Frankreich/Belgien 2022, 7'17", Farbe
Begründung:
Wir möchten einen Film besonders erwähnen, der einen unvergesslichen Eindruck auf den gesamten weiblichen Teil unserer Jury und auch auf die beiden Christians gemacht hat. Die Darstellung einer Frau im Alter auf so reizvolle und spielerische Weise setzt einen neuen Akzent in der Filmindustrie. Die alternde Frau, die früher zu Unrecht in Vergessenheit geraten war und nun mit der ganzen Kraft ihrer Schönheit wieder aufersteht, wird zu einem neuen Trend in der jugendbesessenen, männlich geprägten Welt des Kinos. Vielen Dank für ihr inspirierendes Meisterwerk, liebe Laure Prouvost. Every Sunday, GrandMa sollte sich in der nächsten strahlenden Zukunft genauso fühlen wie die Protagonistin.
ZONTA-Preis
dotiert mit 1.000 Euro
für eine Filmemacherin aus dem Internationalen oder Deutschen Wettbewerb
Noita miettin
(Thinking about that)
Mox Mäkelä
Finnland 2023, 20'48", Farbe
Begründung:
Nur wenige Pflanzen wurden zertrampelt bei der Produktion dieses Films. Ein mündlicher, guttural gesprochener Wasserfall an Worten, der auch im finnischen Original – geschweige denn in der englischen Untertitelversion – mit absoluter Überforderung arbeitet, mit Worterfindungen und Gedankensprüngen: eine Schimpftirade auf eine Welt der kommerziellen Schleimhaken. Auch auf der Bildebene überschreibt der Film alle Erwartungen.
Oberhausen, 1. Mai 2023
Pressekontakt: Sabine Niewalda, niewalda@kurzfilmtage.de, Tel. +49 (0)208 825-3073