Louis Malle: „Vive le Tour!“ (1967)
Zu den Lügen in Sportfilmen gehört, dass Doping im Radsport eine Erfindung der 1970er-Jahre sei. Auf der Tour de France nahmen die Fahrer von Beginn an, also ab 1903, (heute verbotene) Substanzen wie Kokain und Chloroform zu sich. Notgedrungen, denn die Veranstalter legten es bei der Wahl der Etappenstrecken geradezu darauf an, dass die Körper der Radfahrer überfordert würden. Genau das produzierte die schlagzeilenträchtigen Geschichten, die man als Dramen verkaufen konnte. Wie alltäglich Doping bei der Tour de France war, beweist ein Dokumentarfilm von Louis Malle, den er 1962 drehte, den er aber erst 1967 in einer 43-minütigen Fassung, später in einer 18minütigen Fassung veröffentlichte. Als Erzähler aus dem Off fungiert der Sportjournalist Jean Bobet, der selbst mehrfach an der Tour teilgenommen hatte und den Roland Barthes in seinem „Lexikon der Fahrer“ (1955) als „patentierten Intellektuellen“ bezeichnet hatte. In der 8. Minuten des Films reiht Malle Szenen aus dem Presse-Center aneinander, über die er Töne legt, die aus Artikeln oder Berichten stammen könnten; sie sind nachweislich keine Originaltöne. Auf dem Bild eines Journalisten, der gerade einen Text in eine Schreibmaschine tippt, liegt der Satz: „Doping oder no doping – that is the question“. Zwei Minuten später wird eine zweite Off-Stimme sagen, man solle über Doping sprechen. Bei den Fahrern hieße das „Charge“ – also Aufladen. Doping verleihe den Fahrern keine zusätzliche Kraft, sondern unterdrücke den Schmerz. Der gedopte Athlet werde so zu einer Maschine.
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