„Franz Beckenbauers Auswanderung“ – „Panorama“ (ARD) vom 25.4. 1977
Auf Kritik am „modernen Fußball“ können sich fast alle verständigen. Auch die, die daran gut verdienen. Vielleicht begann entstand dieser Selbstwiderspruch in den 1970er-Jahren. Er klingt jedenfalls in einem Bericht des politischen Fernsehmagazins „Panorama“ (ARD) 1977 an, in dem es den Wechsel von Franz Beckenbauer in die USA als „Auswanderung“ (!) thematisiert, wo er bei New York Cosmos anheuerte. Der achtminütige Film beginnt mit Aufnahmen aus dem Münchner Olympiastadion, in dem Beckenbauer mit dem FC Bayern damals die Heimspiele austrug. Zuvor war die Nachricht vom Wechsel des Spielers in die USA bekannt geworden. Nun skandieren die Fans „Schwan – Du Drecksau“. Und auf einem ihrer Spruchbänder, auf dem die Bitte steht „Franz bleib beim FC“, heißt es auch „Schwan – das Kapitalisten-Schwein“. Die Kritik gilt also nicht primär dem Spieler, sondern seinem Manager, der – so sagt es der Off-Kommentar – an den Einnahmen von Beckenbauer mit zwanzig Prozent beteiligt sei. Im Bericht kommt Beckenbauer zu Wort. Ungelenk stottert er über „Geld als Zahlungsmittel“ herum, was früher durch Schnitte kaschiert worden wäre. „Panorama“ steht allen kritisch gegenüber: Beckenbauer, Schwan, dem als „1. FC Bayern München“ falsch titulierten Verein, aber auch den Fans. Dass erst das Fernsehen, zu dem dieses Magazin gehört, den Fußball zu einem großen Geschäft promoviert und einem Spieler wie Beckenbauer jene audiovisuelle Präsenz verschafft hat, die er dank Schwan erfolgreich vermarktete, kam der „Panorama“-Redaktion nicht in den Sinn. Auch nicht, dass „New York Cosmos“ 1977 über eine Plattenfirma zum US-Medienunternehmen Warner Bros. gehörte, das heute nach diversen Fusionen den Namen Warner Bros. Discovery trägt. Diesem Konzern gehören die Fernsehrechte an den Olympischen Sommerspielen in Paris, die in diesem Sommer stattfinden werden, für die wiederum die ARD Sublizenzen erworben hat.
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